Laudatio Stefanie Klymant, Nissis Kunstkantine, 17.04.2019 Liebe Freundinnen und Freunde der Kunstkantine, liebe Gäste, liebe Tierfreundinnen und -freunde, willkommen im Bernsteinzimmer der HafenCity! Diesmal ist viel Zoo an den Wänden. Hühner, Esel, Affen, Pfauen, Schweine, Rinder, Schafe, Elefanten, Antilopen und Dromedare. Gott sei Dank riecht es hier nicht. Ich bin da empfindlich. Mein Name ist Bernd Roloff, ich bin der Keynote – Speaker der Kunstkantine, für die nächsten 15 Minuten also der Zoo-Direktor hier und darf Sie heute auf das Herzlichste begrüßen zur 51. Vernissage von Nissis Kunstkantine seit ihrer Eröffnung im März 2013. Zu meiner Rechten die Zoo-Direktor-Assistentin Betty, die meinen Vortrag visuell durch das Hochhalten von Hardcopys unterstützen wird. Die Ausstellung gilt den Werken von Stefanie Klymant und hat den Titel „Seltene Schönheiten“. Gemälde mit Tiermotiven zu malen erweist sich als kluge Idee. 31 Millionen Deutsche bekunden Interesse an Tieren. Tierpostings in sozialen Netzwerken werden überdurchschnittlich oft geliked. Der Deutsche ist Tierfreund, 7 Millionen Deutsche essen keine Tiere mehr. Jeder 11. Deutsche isst also etwas Anderes. Schweine, Rinder und Hühner dienen also nicht mehr dem Verzehr und werden zum Anschauungsstück, wie hier. Stefanie ist Landwirtstochter und ist der Gesellschaft zur Erhaltung alter Nutztierrassen beigetreten. Zur Frage: Kotelett oder Kohl schreibt sie mir: „Essen, was man retten will“, bzw. „Erhalten durch Aufessen“. Essgewohnheiten haben Einfluss auf den Erhalt der Biodiversität. Man tut also was Gutes, wenn man die Fleischmahlzeiten abwechslungsreich gestaltet. Stefanie findet, dass es in Ordnung ist, Fleisch zu essen, wenn das Tier ein gutes Leben hatte, im Sozialverband lebte, den Himmel sah und Erde unter den Füßen hatte. Aber bitte keine Esel, oder, Stefanie? Der Esel ist Stefanies Lieblingstier. 2 Esel leben bei ihr, der Emil und die Priscilla. Esel, so schreibt mir Stefanie, sind schlau und klug. Man kann mit ihnen gute, dauerhafte Freundschaften eingehen. Mir fällt beim Thema Esel immer eine amüsante folkloristische Episode ein: Als Bewerber um die Hand meiner Ehefrau Nissi musste ich selbstverständlich auch bei der im Heimatdorf ansässigen Verwandtschaft vorsprechen. Das Heimatdorf von Nissi befindet sich in einem romantischen Tal mit Baumwollfeldern und den Kalksteinterrassen von Pamukkale als Zierrat. Sieht alles so aus wie die Provence. Die Dörfchen sind alle samt Postkartenmotive und befinden sich in Konkurrenz um die Touristen. Konkurrenz entsteht selbstverständlich auch hinsichtlich der Dorfschönheiten. Man sieht es nicht gern, wenn Kerle aus dem Nachbardorf den Hülyas aus dem eigenen Dorf schöne Augen machen. Neben Nissis Heimatdorf Yukaschamli liegt das Dorf Aschaschamli. Den Mädchen in Nissis Dorf Yukaschamli wird erzählt, dass die Jungs im Nachbardorf Aschaschamli alle doof sind, weil sie Eselfleisch essen. Kein Wunder, denn der Verzehr des Fleisches von Hauseseln verstößt gegen den Koran. Außerdem würden die Eselfresser die Gegend in Verruf bringen, weil sie den Touristen auch noch Eselfleisch gegrillt als Rind oder Lamm verkaufen würden. Dorfübergreifende Ehen oder Partnerschaften sind völlig ausgeschlossen. Wer sich mit den Eselfressern einlässt, wird selber dumm, so die Legende. Der Esel ist an und für sich ein Tier, das stärkstens das Poetische anregt. Der berühmteste Esel kommt in der biblischen Geschichte vor. Typische Darstellung: Maria auf dem Esel reitend, vorneweg Josef als Eselführer, man sucht eine Herberge für die Nacht. Aber es ist Hannover-Messe und alles ist ausgebucht. Hier mal eine schöne Kitschpostkarte: Wir haben hier in der Ausstellung 3 Eselbilder. Seit Neuestem stellen Betty und ich uns folgende Frage: „Spricht das Bild zu mir?“ Der Esel ist ja an und für sich nicht besonders kommunikativ. Er ist ein Nutztier, gilt als störrisch, vergleichbar mit muffeligen Hauspersonal. Stefanie sieht das anders und versteht es deswegen, in ihren Eselgemälden dem Tiermotiv Ausdruck zu verleihen. Wir wollen sehen, ob sich aus den 3 Eselbildern sogar eine Story der Leidenschaft weben lässt. Bekanntermaßen liegt ja die Deutungshoheit für die Kunst beim Rezipienten. Am stärksten spricht das Gemälde „Die Dukatenscheißer – eine besonders seltene Rasse“ zu mir. Im Vordergrund ein offenbar schon etwas älterer Esel, hinter ihm eine listig schauende jüngere Eseldame. Es regnet Goldstücke. Oder fliegen sie davon? Man geht ja mit einem gewissen Vorverständnis an Bilder heran. Dieses Vorverständnis beinhaltet auch Klischees. Mir scheint es so zu sein, dass der ältere Esel der Sugardaddy, bzw. Sugardonkey der anmutigen jungen Eseldame ist. Also fliegen die Goldstücke wohl eher davon. Handtaschen von Hèrmes, Schuhe von Manolo Blanik, ein Sportwagen, lange kostspielige Besuche im Eselkosmetikstudio und in der Browbar zum Stylen der Klimperwimpern, ein Penthouse in guter Lage, Urlaube in Kitzbühel, Gstaad, St. Moritz zum Eselski, nach Dubai zum weiteren Einkauf, bei Chanel und Gucci, nirgendwo ist die Auswahl größer. Dieses Frühjahr besucht sie Onkel Sancho, bekannt als Sancho Panza, in Sevilla. Sie weiß, was sie will, meine Damen und Herren. Ein Luxusweib ist die kleine Eselin. Und durchtrieben. Sie hat in Sevilla für 2 Wochen die Cervantes-Suite im Hotel Alfonso XIII. gebucht. Der Dukatenesel kommt natürlich nicht mit. Und Onkel Sancho ist schon vor längerer Zeit in der Wurst gelandet. Tatsächlich trifft sie sich mit einem katalanischen Riesenesel. Den haben wir hier auch in der Ausstellung. Er kuckt schon ganz verliebt und so ein Riesenesel ist eben auch gut bestückt. Außerdem beginnt ja in Sevilla Anfang Mai die sogenannte Feria de Abril. Da werden in Casitas Sevillanas getanzt. Unser Katalane ist da auch als Tänzer gefragt und muss einen eleganten Huf aufs Parkett bringen. Ich sehe die beiden vor mir, wie sie sich zum Klang der Flamenco-Gitarre verliebt umeinander drehen. Er hat eine Nelke zwischen seinen Zähnen und muss sich beherrschen, sie nicht einfach aufzufuttern. Aber unser Riesenesel schaut auch melancholisch. Eigentlich möchte er Kalif werden anstelle des Kalifen. Aber davon ist er weit entfernt. Er ist nicht der Einzige, da gibt es noch einen strammen Poitouesel. Der ist nicht ganz so melancholisch, mit dem kann besser feiern. Wo? Selbstverständlich im Hotel du Cap an der Cote d´Azur. Poitouesel sind ja eher Working-Class, die Sozialisation erfolgte im ländlichen Bereich. Hier sehen wir unseren Kollegen als Jungesel auf seinem heimatlichen Hof. Zur Frage, ob Tiere Sachen oder Persönlichkeiten sind, schreibt mit Stefanie: „Absolut Persönlichkeiten“. Eine Eseldame zwischen drei Eselhengsten – wie wird das ausgehen? Bleibt sie aus materiellen Gründen beim soliden Dukatenesel? Oder folgt sie ihrer entflammten Leidenschaft für den katalanischen Riesen? Oder dem französischen Hallodri? Es bleibt spannend. Nach dieser romantisierenden Einleitung darf ich dem hochverehrten Publikum mitteilen, dass ich über Affen nicht sprechen möchte. Wir haben hier zwar auch 3 Affengemälde in der Ausstellung, aber wenn über Affen gesprochen wird, wird auch immer wieder die vollkommen törichte Evolutionstheorie zum Thema. Man möchte den Menschen zum Affen machen, beziehungsweise den Affen zum Menschen. Man nehme z.B. den bizarren Rechtstreit, den die PETA-Organisation vor amerikanischen Gerichten gegen einen Fotografen geführt hatte. Der Fotograf hatte Köder ausgelegt, und so den Makaken Naruto zur Ablichtung eines Selfies gebracht. Der Prozess war für den Fotografen kostenmäßig ruinös. Schließlich entschied der Court of Appeal, dass Affen – anders als Menschen – nicht Rechtsträger des eigenen Bildes sein können. Richtig so. Stefanie gibt mir in ihrer Zuschrift dagegen zu bedenken, dass Menschen mit Orang Utans zu 98 % genetisch gleich sind. Orang Utans liegen Stefanie besonders am Herzen. Ein Teil ihrer Verkaufserlöse leitet sie nach Borneo an die Borneo Orang Utan Survival Organisation weiter. Selbstverständlich stammen wir nicht vom Affen, sondern von Adam und Eva ab. Hinter allen Erscheinungen des Universums und unserer Welt steht ein kreativer Designer. Gewissermaßen ein Manolo Blanik der Schöpfung, der uns die Erde, ihre Pflanzen, die Tiere, den Himmel und die Sonne geschenkt hat. Und er hat uns auch die Hühner geschenkt. Sie legen jeden Tag ein Ei und sonntags auch mal zwei. Erlauben Sie mir, nachdem Sie vorhin schon die Dorf-Episode verkraftet haben, wieder eine Story, die Nissi bestätigen kann. Bei der Rückkehr unserer bulgarischen Haushaltsfachkraft vom Heimaturlaub brachte sie, neben einer Kiste Pfirsiche, auch zwei Hühner mit. Ihnen wurde die Kaninchen-Ecke im Garten zugewiesen, die monatelang verwaist war, weil Puschel und Schwarzauge kurz hintereinander vor der Tür plattgefahren wurden. Die Freude über die beiden Hühner-Ankömmlinge aus Bulgarien währte nur kurz. Ungelogen, gegen halb 3 Uhr morgens ging das Gekrähe los. Zuerst nur zaghaft, dann inbrünstig. Man versucht, gelassen zu bleiben. Frösche quaken, Hühner krähen. Das ist die Natur. Wer sind wir, dass wir uns vor den Schöpfungen des Herrn verschließen? Nicht jeder in der Familie besitzt aber eine so hohe Impulskontrolle. Nach 5 Minuten stürmte mein Sohn durch den Garten und schrie die Hühner an. Die wussten wohl nicht so richtig, was er von ihnen wollte. Wenn sie mal ein Huhn mit fragendem Gesichtsausdruck sehen wollen, empfehle ich Ihnen das Werk „Olle Glucke“ von Stefanie. Jedenfalls krähten die Viecher weiter, woraufhin mein Sohn Noel seinen Tennisschläger holte, um damit auf den Käfig zu hauen. Dann war für eine Viertelstunde Ruhe. Anschließend ging das Gekrähe wieder los. In meiner Fantasie sah ich zwei gerupfte Hühner im Bratschlauch mit provencalischen Kräutern vor sich hin simmern. Im Keller musste noch irgendwo das Riesenmesser sein, das ich für Noel in Spanien kaufen musste, weil er mir nach dem Genuss der ersten Staffel von The Walking Dead versicherte, dass wir uns auf die Zombie-Katastrophe vorbereiten müssen. Seit meiner Kindheit plagte mich die Frage, ob das Huhn tatsächlich weiterläuft, wenn man es überraschend im Lauf köpft. Ich kam aber nicht zum Zuge. In der Inventur des botanischen Gartens 2015 gab es einen seltsamen Zugang. 2 Hühner ohne Einkaufsrechnung. Ein buchhalterischer Albtraum. Die beiden Hühner wurden nämlich im botanischen Garten ausgesetzt. Wir wünschten Ihnen viel Glück und sahen sie nie wieder. Tatsächlich habe ich ein kleines Ei von ihnen gegessen. Das schmeckte vortrefflich. Stefanie malt jetzt hauptberuflich seit 16 Jahren. Einen typischen Käufer ihrer Werke gibt es nicht. Ein Käufer meinte z.B. dass ein von Stefanie gemaltes Schaf aussähe, wie seine Schwester. Andere finden ihre Malerei im wahrsten Sinne des Wortes tierisch gut, weil sie detailgetreu ist. Am Hahnenkamm sind alle Zacken dran. Der nächste Käufer ist ein Mensch mit Humor und erfreut sich morgens schon an einem grinsenden Schwein, das von Stefanie skizziert wurde, als sie mit Halbschuhen im Schweinemorast steckte. Als künstlerisches Vorbild nennt mir Stefanie erstaunlicher Weise einen Impressionisten, nämlich Claude Monet. Einigermaßen impressionistisch sind die Antilopenbilder von Stefanie. Betty, zeig mal ein Beispiel: Ich finde die Antilopen weniger monetisch als eher dem Malstil von William Turner zuordnungsfähig. William Turner spuckte ja ganz gern mal auf die Leinwand. Aber sie hat in ihrer Maltechnik, wie sie mir schreibt, kein besonderes exzentrisches Geheimnis. Außer große Pinsel und Palettmesser zum pastosen Auftragen der Ölfarbe. Meine Damen und Herren, eine Vernissage ist nicht zuletzt eine Verkaufsveranstaltung. Folgen Sie also spontan auftretenden Kaufimpulsen. Egal, woher sie stammen. Ob sie in der „Ollen Glucke“ ihr Erbtante wiedererkennen oder bei ihrem Anblick Appetit auf Hühnerfrikassee bekommen oder sie der katalanische Riesenesel heiß macht, greifen Sie zu. Das Leben ist keine Generalprobe und der Sarg hat kein Regal. Machen Sie sich oder Anderen eine Freude. Mit einem Werk von Stefanie Klymant machen Sie mit Sicherheit keinen Fehler. Jeder Künstler fühlt sich geschätzt, wenn seine Werke gekauft werden. Stefanie ist aber auch altruistisch motiviert und unterstützt Tierschutzorganisationen bis hin ins ferne Borneo. Wer so malen können will, wie Stefanie, kann bei ihr einen Malkurs buchen. Ich weiß nicht, wie es euch geht, meine Lieben, ich habe eigentlich noch nie Gemälde gesehen, die den Gemütszustand oder die Stimmung eines Tieres so gut transportieren. Stolze, selbstbewusste Hühner, hedonistische Schweine, kapriziöse Pfauen, brave Schafe und iberische Esel in einer leidenschaftlichen Vierecksbeziehung. Stefanie erschafft Tiergemälde in seltener Schönheit. Greifen Sie also zu bei den seltenen Schönheiten, die Ihnen hier gezeigt werden. Mit diesem Appell möchte ich enden. Vielen Dank fürs Zuhören und bis bald. Bernd Roloff
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