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„Unter dem Gefieder… wenig bieder“

Einladung

Rückseite

Die Formatierungen der Laudatios werden derzeit überarbeitet. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Laudatio

Laudatio 27. März 2015 -Nissis Kunstkantine-
Ausstellung „Unter dem Gefieder…wenig bieder“
mit Werken von Barbara-Kathrin Möbius

Liebe Freunde der Kunstkantine,

ich darf Sie jetzt begrüßen zu der Vernissage für die Werke von

Barbara-Kathrin Möbius.

Es ist die 13. Vernissage, die Nissis Kunstkantine veranstaltet, seit ihrer Eröffnung im März 2013. Mein Name ist Bernd Roloff, ich bin der Resident Laudator der Kunstkantine.

Meine Damen und Herren, der Laudator, was fällt ihm heute ein, zu Kunst und Künstler ? Ich sehe einige Stammgäste, die sich komplizenhaft zunicken könnten, wenn ich alte Anekdoten wiederhole. Bitte außerdem die Rede nicht zu lang, das stört beim Kunstkucken, Klönen und Weintrinken. Zu kurz ist aber auch respektlos. Ein wenig erklärt werden sollte schon. Andererseits soll ja die Kunst für sich selber sprechen.
Die Stufen der Laudatorentreppe sind also schmal, meine Damen und Herren, es geht nur mühsam hinauf und ein Fehltritt lässt einen die Stufen der Lächerlichkeit hinabstürzen oder um es mit Shakespeare zu sagen :

„Wer hoch steht, den kann mancher Windstoß treffen,
Und wenn er fällt, so wird er ganz zerschmettert!“

Welches Drama von Shakespheare ist das ? Wer die Tagespresse in letzter Zeit verfolgt hat, weiß die Antwort. Wer hat 500 Jahre unter einem Parkplatz gelegen und wurde jetzt in einer großen Prozession mit militärischen Ehren in der Kathedrale von Leicester zu Grabe getragen ?

Es ist Richard der III.

Von Richard dem III. stammt auch das Zitat:

„Wer Worte macht, tut wenig.
Die Hände brauchen wir und nicht die Zungen!“

Dieses Zitat ist im Zusammenhang mit unserer Künstlerin durchaus interessant, denn bei ihr soll das Bild, also das mit der Hand und nicht mit Worten geschaffene Werk, eine Geschichte erzählen. Die Werke sind also im besten Sinne zu Bildern gewordene eingerahmte Poesie.

Nach der Bildauswahl die wir hier haben, handelt es sich um Geschichten von „Lockvögeln und schrägen Hühnern“, die unter dem Gefieder wenig bieder sind.“ Das ist das Motto der Ausstellung, die in der Kunstkantine von heute an bis zum 07. Mai zu sehen ist:

„Unter dem Gefieder, wenig bieder.
Lockvögel, schräge Hühner und Spezialitäten“

An dieser Stelle kommt der Laudator mal heute gleich auf den Punkt, warum sie sich ein Werk der Künstlerin zulegen sollten. Ich sprach vorhin von gerahmter Poesie. Es gibt hier in der Ausstellung bestimmte Werke die ich als „gain frame“ bezeichnen möchte. „Gain“ steht für Gewinn, „frame“ für Rahmen. Die „gain frames“ dieser Ausstellung sind für mich beispielsweise der Mandarinenvogel, Emely Erdbeer, die Unterwasservogelhochzeit und das supercharmante Werk „Mein Kater lässt das Mausen nicht“.

Was ist an diesen Werken nun besonders? Wenn sie diese Werke mit Scheißlaune ansehen, dann bessert sich diese sofort. Das ist der Gewinn, der „gain“ sozusagen. Wie kommt das nun zustande ? Auf diesen Bildern sind Gesichter, Profile und Figuren zu sehen, die mit einer gewissen Genialität im Strich Stimmungen wiedergeben. Wenn man selbst aufgebracht, sauer oder verzweifelt ist, wird man empfänglich für diese Stimmungen. Ein Buckliger, ist immer glücklich, wenn er einen anderen Buckligen sieht. Emotionale Konnektivität.

Nehmen wir uns also mal den Kater vor. Für mich ein Badezimmerbild. Von der Ferne betrachtet hat er ziemlich schlechte Laune. Wir erkennen in ihm eindeutig einen Bruder im Geiste, einen „brother in mind“, für die Situation, das man sich leicht verkatert im Badezimmer nackend morgens im Spiegel betrachtet und darüber nachdenkt, welche Folgen die Jahre und das gute Leben für die körperliche Konstitution hatte.

Von der Badezimmerwand meldet sich dann unser Kater und ruft einem ein Zitat aus Richard dem III. zu:

„Doch niemand heilt durch Jammern seinen Schaden.“

Geht man nun näher ran ans Bild, entdeckt man Trotz und Schalk in seinem Gesicht. Seine Mimik ist wild und selbstsicher.
„Der Kater lässt das Mausen nicht“. Mit seinem Schwanz hält er offensichtlich eine Gabel. Im Napf hat er etwas, was für den Carnivoren wie Steak Tatar aussieht. Sehr lecker. Wer Verganer ist, darf den Napfinhalt als rote Beete interpretieren.

Wie sie hören, lasse ich Ihnen, meine Damen und Herren, heute besonders viel Deutungshoheit zukommen.

Kaum aus dem Badzimmer heraus und nach Katerdialog voller Tatendrang dann zur Haustür gestürmt, ist die Post schon da.

Auch das noch.

Lauter Mahnungen von den Kreditkarten, Ermahnungen vom Steuerberater, doch endlich irgendwelche Belege rauszusuchen, sonst drohe Böses und schließlich Abmahnungen von irgendwelchen Anwälten, weil man im Internet was Schlimmes gemacht hat, bzw. den Nachbarn einen Oberstotterer genannt hat, über den die ganze Stadt lachen muss.

Für diese Situation benötigt man gleich 2 Brüder im Geiste, nämlich die „Tagediebe“. 2 offensichtlich unseriöse Typen. Nicht boshaft aber eben Hallodries die sich der Konvention und den Ansprüchen der arbeitenden Bevölkerung widersetzen.
Auch dieses Bild ist ein echter Gain Frame, meine Damen und Herren. Diese beiden denken nicht an Shakespeare wenn sie über den wohlgestalteten Tag nachdenken, sondern an Harald Juhnke, Zitat :

„Keine Termine und leicht einen sitzen“

Es entspricht dem Stand der Wissenschaft, dass wir dazu neigen in einem „Loss Frame“ zu verharren, d.h. länger und öfter an unsere Fehler und Niederlagen zu denken, als an unsere Siege und Erfolge. Eine Menge Erfolgscoaches ziehen durch die Lande und mahnen Sie ein Zettelchen zu Hand zu nehmen und sich so oft wie möglich ihre Siege und Erfolge aufzuschreiben. Das soll prägen, meine Damen und Herren, um wieder Zutritt zum „Gain Frame“ zum Gewinner- und Glücksrahmen zu bekommen.

Sparen sie sich das Geschreibsel meine Damen und Herren. Hängen Sie sich einen Möbius an die Wand und sprechen Sie bei Bedarf mit Ihren Schwestern und Brüdern im Geiste, so wie sie in den Bildern unserer Künstlerin von ihr erschaffen wurden. Bei den größeren Formaten wie Emely Erdbeer oder der Unterwasservogelhochzeit entdecken sie, je länger sie hinsehen, immer mehr Freunde auf dem Bild, sozusagen Partner für alle Stimmungslagen die einen liebevoll necken und den Kontakt geradezu suchen. Sehr angenehm das Ganze.

Das Werk der Künstlerin ist aber durchaus facettenreich. Ein anderer Schwerpunkt ist die Darstellung von Gesellschaften in beobachteten Szenerien. Barbara-Kathrin hat mir als einen ihrer Lieblingsmaler James Ensor genannt. Ein durchaus schrulliger Vertreter seines Fachs, der einige unangenehm anzusehende Gesellschaften, oft mit Masken angetan, gemalt hat. Ensor gilt als „Maler für Maler“, d.h. ein Künstler, der vor allem von anderen Künstlern gemocht und geachtet wurde.

Als Lieblingsfarben wurden mir von der Künstlerin blau und grün genannt. Dazu blätterte ich in einem Katalog mit Werken von ihr, in dem alle Bilder in Braun, Rot und Schwarz ausgeführt waren. Der Widerspruch klärte sich sogleich auf. Dieser Katalog stammte aus einer Zeit als Sie noch Ihr Atelier über der Pathologie im Barmbeker Krankenhaus hatte. Da habe es dann schon mal schlecht gerochen.

Jetzt male sie ja in der Speicherstadt, seitdem sei sie „unter Wasser“ und deswegen hätten dann ja wohl auch die Lieblingsfarben gewechselt und hätte das Aquarell verstärkt für sich entdeckt.

So etwas ist ganz typisch für den Künstler der seine Motivation zur Werkschaffung aus Inspiration und Intuition bekommt und nicht aus Planung und Konzeption. Er hat eine Antenne, die durch das Setting und das Habitat polarisiert wird. Ist das Signal stark genug, geht er auf Empfang und dreht sein inneres Radio lauter. Das Werk kann dann ganz unterschiedlich ausfallen, es ist aber immer dieselbe Band, die aufspielt und die man dann auch wiedererkennt. Deswegen nimmt man das Werk, auch wenn es sich in Form, Farbe und Malweise ändert, trotzdem nicht als inhomogen oder wechselhaft wahr, sondern es gibt eine Handschrift, bei Barbara-Kathrin Möbius eine besondere bildgebende Handschrift, die Geschichten erzählt. Ein Bild ist, so sagte sie mir, vollendet, wenn es die Geschichte zu Ende erzählt hat.

Die ersten beiden Geschichten die die Künstlerin zu Ende erzählte, also die ersten beiden „richtigen“ Bilder waren eine Caféhausszene mit dem Namen „Café-Kaputt“ und eine Radierung, die den Maler Egon Schiele zeigte. Egon Schiele wurde der Künstlerin gleich auf dem Weg von der Wohnung zum Auto abgekauft. Was für eine Bestätigung, wenn einem das erste Bild gleich aus der Hand gerissen wird !

Seit dieser Zeit ist deswegen viel entstanden, vor allem auch Serien, wie das „Hamburger Stadtstraßenbuch“, einerseits immer authentisch und originell, andererseits mit der Kontinuität einer spezifischen künstlerischen Handschrift.

In diesem Kontext von Straße und Kunst und Kontinuität möchte ich den Freunden der Kunstkantine nicht vorenthalten, was es Neues gibt von Straße und Kunst, von der realen Satire über den Behördenwahnsinn betreffend die Aufstellung unserer Speisekarte nebst Ausstellungsplakat auf dem Gehweg vor der Kunstkantine.

Wir erinnern uns:

Gemäß zweier Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bedarf Straßenkunst wegen der Bedeutung der Kunstfreiheit keiner Erlaubnis. Unstreitig ist weiterhin, dass das Bundesverfassungsgericht auch die Werbung für Kunst im Straßenraum billigt. Auch die Werbung für Kunst fällt also unter die Kunstfreiheit. Das kann das Bezirksamt Hamburg-Mitte überhaupt nicht begreifen. Es schreibt zum Preis von 80 € für den ablehnenden Bescheid Folgendes :

„Sie beantragen ein Stellschild welches auf Kunstausstellungen hinweisen soll. Gem. den von Ihnen eingereichten Unterlagen liegt jedoch keine Kunst im eigentlichen Sinne vor, sondern ein Hinweisschild, das den Charakter eines Kundenstoppers und der Eigenwerbung aufweist. Diese sind gem. Globalrichtlinie der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Amt für Verkehr- und Straßenwesen, auf öffentlichen Wegen grundsätzlich nicht gestattet, insbesondere dann nicht, wenn damit eine Gewinnorientierung verbunden ist“.

Der Text ist natürlich juristisch völliger Stuss, hat uns aber zu einer neuen Idee inspiriert. Unser „Kundenstopper“, ist nicht nur Werbung für Kunst, sondern bereits selbst ein Kunstwerk.

Hier kommt jetzt ein Auszug aus unserem auch im Übrigen weitschweifigen Widerspruch:

„Die Behörde führt in Ihrem Bescheid aus, dass es sich bei dem „Stellschild“ „nicht um Kunst im eigentlichen Sinne“ handeln würde. Dies wurde im diesseitigen Antrag gar nicht behauptet, aber ich danke für Ihre Anregung. In der Tat handelt es sich bei dem Objekt künstlerisch betrachtet um eine sog. Assemblage, bestehend aus 3 Elementen, nämlich einer Staffelei, einem Plakat und einer Schieffertafel, die meine Mandantin eigenhändig beschriftet hat. Das Künstlerische daran ergibt sich schon aus der Benützung einer Staffelei als Träger von Schiefertafel und Plakat.

Es handelt sich bei der Staffelei um ein im Kunstjargon sogenanntes „Objet Trouvé“ (franz. für ‚gefundener Gegenstand‘), das selbst zum Kunstwerk wird, wenn der Künstler es in einem neuen Kontext präsentiert. Die Verwendung einer Staffelei als Objektträger im Straßenraum ist per se schon künstlerisch, weil ein Malereiutensil von seinem Ursprungszweck entfremdet und in einem neuen Kontext benutzt wird.

Meine Mandantin hat die Staffelei von Frau Victoria Voncampe geschenkt bekommen und ist der Meinung, dass die einstmals überaus starke Medienpräsenz von Frau Voncampe in das Holz der Staffelei eingezogen ist und nunmehr positiv abstrahlt, insbesondere belebend auf die Schiefertafel und das Plakat wirkt, ganz zu schweigen von der auflockernden Wirkung auf das Straßenbild.

Zur Beschriftung der Schiefertafel ist zu sagen, dass z.B. das dort erwähnte „Curry Huhn mit Reis“, neuerdings ironisch als „Curry Huhn Air India“ bezeichnet, vom Koch der Kunstkantine, ebenfalls zum Kunstwerk erhoben wird, wie sich aus nachstehender Abbildung ergibt.

Das ist der State of Play, meine Damen und Herren, so ging es weiter, mit unseren Kundenstopper und dem Air India Hähnchen.
Barbara Kathrin Möbius hat mich gebeten, ausdrücklich zu erwähnen, dass die hier gezeigte Auswahl von Werken nicht das ganze Spektrum ihres Werkes zeigt.

Vor allem gesellschaftskritische Werke müssten eigentlich auch gezeigt werden. Wir vertrauen heute abend und in den nächsten Tagen und Wochen darauf, das Sie, liebe Freunde der Kunstkantine, uns die Wände leerkaufen, damit Platz geschaffen wird, für die schwierigeren Werke. Die HafenCity ist ein künstlich geschaffener Stadtteil, in dem den Bauherren und Geschäften alle möglichen Auflagen und Vorschriften gemacht werden, damit das Ergebnis schlussendlich großes Bestaunen auslösen soll. Der Präsident der HafenCity-Universität hat sogar Klage eingereicht, weil er zu viele Studenten hat. Der Kunde, der Mensch als solches, scheint im städteplanerischem Denken und im Behördentun ziemlich zu stören.

Aber genug davon. Denken Sie beim Kunstgenuss heute abend auch an Ihre Lieben und Mitmenschen. Die „kleinen Ostergrüße“ die wir zeigen sind ein wunderbares Geschenk für die kommenden Ostertage.

Ansprechpartnerin für Ankaufsverhandlungen für die hier gezeigten Werke, ist meine Frau Nissi, die Initiatorin und Namensgeberin der Kunstkantine. Reichen Sie also möglichst den hier ausgestellten Lockvögeln, schrägen Hühnern und anderen Spezialitäten die Hand, während sie mit der anderen Hand Ihr Portemonnaie öffnen. Und immer vorsichtig mit den beiden Tagedieben, da müssen sie ihr Portemonnaie tüchtig festhalten, sonst ist es weg.

Meine Damen und Herren, meine Laudatio ist jetzt vorbei. Der Laudator wankte auf seiner Laudatorentreppe, aber er fiel nicht von ihr herunter. Geben Sie sich jetzt wieder den Werken unserer Künstlerin hin und finden sie an unseren Wänden ihre Brüder und Schwestern im Geiste, genießen Sie den Abend und seien Sie bester Stimmung.

Vielen Dank fürs Zuhören

 

 

Vernissage der Ausstellung "„Unter dem Gefieder… wenig bieder“"

Exponate der Ausstellung "„Unter dem Gefieder… wenig bieder“"

Nissis Kunstkantine

Kunstgalerie & Eventlocation
Am Dalmannkai 6
20457 Hamburg (HafenCity)

Mo – Sa 11:30 – 16:30 Uhr
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