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Object, Assemblage und Collage

Einladung

Rückseite

Die Formatierungen der Laudatios werden derzeit überarbeitet. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Laudatio

Einladung-VoncampeEinladung-Voncampe2

Vernissage Victoria Voncampe, 23. August 2013

Laudatio Bernd Roloff

Yes, she was amused : Victoria Voncampe Laudatio
Nissis Kunstkantine 23.08.2013 : „DON´T TRY“

Liebe Gäste und Freunde der Kunstkantine,

herzlich Willkommen bei der Vernissage von Victoria Voncampe. Schön, dass ihr heute Abend den Weg in die Kunstkantine gefunden habt. Victoria hat mich gebeten, es kurz zu machen mit meiner Rede. Kurz ist ja ein relativer Begriff und so eine Vernissage muss neben dem Amüsement auch immer eine Phase haben, die durchlitten werden muss. Dazu gehört vorher die Parkplatzsuche, aber eben auch eine ausschweifende Laudatio.
Victoria wollte der Ausstellung keinen Titel geben, also übernehme ich das. Mir hätte der Titel

„Don´t try“

gefallen. Diese Worte stehen auf dem Grabstein von Charles Bukowski. Diese Worte müssen für ihn also eine gewisse Bedeutung gehabt haben, sonst hätte er sie nicht auf seinen Grabstein geschrieben.

„Don´t try“ heißt ein Gedicht von Charles Bukowski, dass mit den Worten beginnt:

„If you are going to try, go all the way.“

Wenn du schon etwas versuchst, so Bukowski, dann gehe den ganzen Weg.

Victoria Voncampe hat sich nach ihrer Jahrzehnte andauernden Medienkarriere nicht nur an der Kunst versucht, sondern sie ist den ganzen Weg gegangen. Im Hause Voncampe wird nicht herumprobiert, sondern bei Voncampe, da wird gemacht und zwar mit vollem Einsatz.
Wenn sie in ihrem Garten einen toten Greifvogel findet, wird dieser beispielsweise zu einem Objekt verarbeitet, nachdem sie vorher für eine fachgerechte Mumifizierung des Tiers gesorgt hat.
Ein weiteres Beispiel für vollen Einsatz ist die Entstehungsgeschichte von Papiercollagen, die hier zu sehen sind. Victoria beobachtete wie von einer Plakatsäule eine dicke Schicht übereinandergeklebter Plakate abgesägt wurde. Normalerweise ist das, was da abgesägt wird, ein Entsorgungsgut. Sie nutzt es als Ausgangsprodukt für ihre Collagen.

Ich habe von Victoria wieder einen neuen Kunstbegriff gelernt und zwar die „Decollage“. Die Decollage ist der Vorgang, wenn die einzelnen Plakate aus dieser abgesägten Plakatschicht herausgelöst werden. Es werden bei dieser Ablöseaktion Plakatfragmente gewonnen, die dann von Victoria zu neuen Papiercollagen zusammengesetzt werden. Ihr findet in dieser Ausstellung diverse Collagen die eben auch durch die Decollage von Plakatwänden entstanden sind. Beeindruckend beispielsweise die Collage „Evita“ mit dem Fragment eines Filmplakates als dominantes Element.

Ich kann mir vorstellen, dass die Decollage von Plakatsäulen eine durchaus amüsante Beschäftigung ist. Plakate sind jetzt gerade wieder in Mode, bald ist Bundestagswahl. Die Landschaft wird dekoriert mit Plakaten die allerlei Wahlversprechen verkünden, die dann mit Sicherheit nicht eingehalten werden. Erinnern wir uns beispielsweise an die Wahllüge von Helmut Kohl, der behauptete, er könne die deutsche Einheit ohne Steuererhöhungen gewissermaßen aus der Portokasse finanzieren. Der Solidaritätszuschlag steht heute, mehr als 20 Jahre nach der deutschen Einheit immer noch als Abzug auf den Lohnzetteln der Arbeitnehmer, die selbstständigen haben ihn in ihren Einkommenssteuerbescheiden als Ausgabenposten.

Die Kunstkantine kann selbstverständlich keine Wahlempfehlung geben. Seit ihrem Opening im März diesen Jahres wurden Werke ausgestellt, vornehmlich von Künstlern die keine „Mission“ verfolgen, also den Betrachter keine Ideologie vermitteln wollen sondern unterhalten, bzw. zum Nachdenken anregen wollen.

Insofern darf der Laudator in dieser Tradition von immerhin 6 Monaten auf „die Partei“ aufmerksam machen, die mit dem Slogan

„Inhalte überwinden“

auf sich aufmerksam macht.

Diese Partei verspricht also gar nichts, weil nach der Wahl sowieso nichts gehalten wird, was vorher versprochen wurde.

An dieser Stelle, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich auch kurz auf eine Decollage der Facebook-Fansite von Nissis Kunstkantine eingehen. Keine Laudatio darf in Nissis Kunstkantine gehalten werden, ohne dass wir nicht auch des Volkes Stimme zu Gehör bringen. Wie ihr wisst, bewerben wir die Ausstellung unserer Künstler auf Facebook. Dies nötigte Heinz-Georg aus Kottweiler-Schwanden zu folgendem Statement:

„Was ist das für ein neuer Nervensägen-Facebook-Scheiß und wie kommt der Dreck auf meine Start-Seite und wie kriege ich den weg?
KEINEN BLÖDEN WERBEDRECK
KEINEN BLÖDEN WERBEDRECK
KEINEN BLÖDEN WERBEDRECK
KEINEN BLÖDEN WERBEDRECK“

Wie ich schon sagte, kommt Heinz-Georg aus Kottweiler-Schwanden. Für diejenigen, die es interessiert, Kottweiler-Schwanden besteht aus den Stadtteilen Kottweiler und Schwanden. Der Ort hat 1267 Einwohner, stärkste Kraft im Gemeinderat ist die CDU. Nachdem wir uns nun ein Bild von den äußeren Lebensumständen von Heinz-Georg gemacht haben, möchte ich seinem eher kritisch aufzufassendem Statement mit einem Zitat aus dem dadaistischen Manifest von 1918 begegnen, darin heißt es:

„Der Hass gegen die Presse, der Hass gegen die Reklame, der Hass gegen die Sensation, spricht aus Menschen denen ihr Sessel wichtiger ist, als der Lärm der Straße. Ein sentimentaler Widerstand gegen die Zeit, die nicht besser und nicht schlechter, nicht reaktionärer und nicht revolutionärer ist, als alle anderen Zeiten. Eine matte Oposition, die nach Gebeten und Weihrauch schielt.“

Ja, meine Damen und Herren, warum argumentiere ich gegen Heinz-Georg mit dem dadaistischen Manifest? Victoria Voncampe hat mir gesagt, dass sie sich dem Dadaismus und dem sich jedenfalls historisch anschliessendem Surrealismus emotional besonders verbunden fühlt und aus diesen Kunstperioden, die von 1916 bis Mitte der 60er Jahre wirksam waren, ihre Inspiration bezieht. Als letztes bedeutendes Filmwerk des Surrialismus gilt im Übrigen der Film „Mulholland Drive“ von David Lynch, der 2002 in die deutschen Kinos kam und die Zuschauer mit ästhetischer Anmutung betörte, aber auch mit verschiedenen Zeitzonen verwirrte. Diesen Film wird Veronica Voncampe nicht mehr angesagt haben. Die Zeitzone ihrer Medienkarriere beginnt 1963 und endet 2002, dass sind unglaubliche 40 Jahre.

Bukowski geht in seinem vorhin zitiertem Gedicht „Don´t try“ davon aus, dass wenn das Künstlerische in einem steckt, dass dann dieses Künstlerische über kurz oder lang aus einem hervortritt und dass man dann auch den ganzen Weg gehen wird.

Zur Erinnerung: “If you are going to try, go all the way”. Weiter schreibt er, dass sich dann beim Kunstschaffen eine Stimmung ergibt, in der ein Feuer des perfektem Lachens entzündet wird. Bukowski spricht von der Isolation des Künstlers, die das wahre Geschenk ist, aus dem dann die Werke entstehen. Victoria Voncampe berichtete mir, dass sie bei dem Schaffen ihrer Werke oft in einen Flow entrückt, bei dem sie die vergehende Zeit nicht spürt und bei dem ihre gesamte Aufmerksamkeit ihren Werken gilt und Ablenkungen sie absolut nicht irritieren können.

Beispiele für solche Werke sind die hier ausgestellten Gemälde deren Grundstoff Marmormehl ist, dass beim Zuschneiden von Marmorblöcken und Marmorplatten entsteht. Dieses Marmormehl wird gebunden und dadurch streichfähig. Das Material ist nun da und wartet auf den Einsatz, einen Einsatz, der intuitiv und einer Inspiration folgend geschieht. Wenn alles stimmt, wird der Künstler in einem höchst angenehmen Gemütszustand versetzt, bei dem alle Zeit und Mühen nicht spürbar sind. Dieser Prozess der Werkschaffung steht im Gegensatz zu dem, was Victoria mir gegenüber, als akademische Malerei bezeichnet hat, also eher ergebnisorientiert ist als aktionsorientiert.

Allerdings können sich auch die Ergebnisse, die Victoria Voncampe erzeugt hat, durchaus sehen lassen. Geradezu hingerissen bin ich von diesem Bild, dass den Titel „Tanzende Tasten“ trägt. Wir sehen hier eine Montage von Klaviertasten vor indischrotem Hintergrund. Es ist doch wohl unbestreitbar, dass dieses Werk ein besonders starkes Seherlebnis bietet. Da sind zum einen die harten Farbkontraste schwarz, weiß, indischrot, alles zusammengekuschelt durch die verschiedenen Holztöne der Klaviertasten. Zum anderen haben wir hier eine
intuitiv spielerische kompositorische Anordnung, in den Proportionen geradezu perfekt auf den indisch roten Bildhintergrund abgestimmt. Das Ganze hat auch so eine angenehme reliefartige Plastizität. Ich würde das Werk sofort kaufen, wenn ich mich nicht gegenüber den Freunden, Kunden und Gästen der Kunstkantine als Laudator vornehm zurückhalten müsste. Wer genauso begeistert ist wie ich, sollte sich daher noch heute dieses Werk sichern, sonst ist dieses indischrote Meisterwerk sicher schnell verkauft.

Warum spreche ich eigentlich hier ständig von indischrot? Indischrot ist der schönste Farbton den die Fa. Porsche für ihre Automodelle anbietet. Die Anschaffung von moderner Kunst ist zweifellos dem Erwerb von Sportwagen im Happynessfaktor weit überlegen. Dieses indischrote Meisterwerk muss nicht betankt werden, muss nicht zur Reparatur und niemals durch den TÜV. Gelegentliches Abstauben und nicht in die pralle Sonne hängen, reichen als Pflege völlig aus. Folgen Sie also Ihrem intuitiv aufkeimendem Kaufimpuls noch heute, auch wenn sie sich für die anderen hier ausgestellten Werke interessieren.

Dabei kann es durchaus auch eine Rolle spielen, dass Sie sich das Werk einer Person zulegen, die ein Stück Fernsehgeschichte geschrieben hat, Sie also diese positive Assoziation mit dem Werk verbinden können. Daran ist nichts Billiges, Anstößiges oder Platitüdenhaftes sondern es ist schlicht eine positive Assoziation. Jedes der hier ausgestellten Werke hat zudem einen soliden künstlerischen Hintergrund. Die Materialbilder aus Marmorstaub, bzw. Marmormehl, finden z. B. ihr kunsthistorisches Leitbild in den Werken von Antoni Tapies. Tapies war seinerseits Mitglied der Gruppe Dau al Set was soviel wie 7 auf dem Würfel bedeutet. Eine 7 auf dem Würfel ist nicht vorhanden. Diese Künstlergruppe hatte also schon in ihrer Bezeichnung einen surrealistischen Oberton.
Meine Damen und Herren, Victoria Voncampe hat im Dadaismus und Surrealismus ihren künstlerischen Motor gefunden. Ich wünsche ihr von ganzem Herzen, dass dieser Motor sie weiter antreibt und voranbringt.

Bukowski schreibt:
„If you are going to try, go all the way. There is no other feeling like that. You will be alone with the gods and the nights will flame with fire. You will ride life straight to perfect laughter. It´s the only good fight there is.“

Wenn Bukowski schreibt “It´s the only good fight there is”, dann wünsche ich jetzt uns allen einen guten Kampf. Sie haben sich alle durch meine Laudatio durchgekämpft. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Kämpfen Sie heute Abend noch darum, sich gut zu amüsieren sowie darum, eines der Kunstwerke erwerben zu dürfen, die die Kunstkantine hier ausstellt. Ansonsten wünsche ich gute Gespräche und eine schöne Zeit für alle.

 

Vernissage

Exponate

Nissis Kunstkantine

Kunstgalerie & Eventlocation
Am Dalmannkai 6
20457 Hamburg (HafenCity)

Mo – Fr 12-16 Uhr
Und nach Vereinbarung

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